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Der Prozess gegen den früheren führenden Politiker der KP Chinas Bo Xilai, der wegen Bestechlichkeit, Korruption und Amtsmissbrauchs angeklagt ist, sollte vor dem Volksgericht von Jinan eigentlich bereits zu Ende sein. Aber der Prozess, den westliche Beobachter für einen Schauprozess halten, in dem das Urteil bereits feststeht, und von dem manche a...
Veröffentlicht: 18:09, 24.Aug. 2013 (CEST)

Jinan (China), 24.08.2013 – Der Prozess gegen den früheren führenden Politiker der KP Chinas Bo Xilai, der wegen Bestechlichkeit, Korruption und Amtsmissbrauchs angeklagt ist, sollte vor dem Volksgericht von Jinan eigentlich bereits zu Ende sein. Aber der Prozess, den westliche Beobachter für einen Schauprozess halten, in dem das Urteil bereits feststeht, und von dem manche annahmen, er würde vielleicht schon früher als geplant am Freitag (23. August) beendet sein, geht nun in einen dritten Verhandlungstag. Am Freitagnachmittag verständigten sich alle Prozessbeteiligten einvernehmlich auf diese Fortsetzung. Wenn dies ein Schauprozess ist, dann hat jemand das Drehbuch nicht gelesen – oder es ist eine sehr gute Show, die eher nach Hollywood denn in einen chinesischen Gerichtssaal gehört. Was hier abläuft, ist fraglos ein politischer Prozess, der unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung, die die amtierende Parteiführung im letzten Jahr zu einem wichtigen Ziel erklärt hat, abläuft. Bo, der zuletzt Parteichef der KP Chinas in Chongqing war, war ein im Volk sehr beliebter Politiker. Er trat streng für Recht und Ordnung ein, und seine Politik war in vielen Fragen neo-maoistisch ausgerichtet. Das gefiel vielen Modernisierern in der Partei nicht. Der Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood, für den Bos Frau Gu Kailai inzwischen verurteilt wurde, führten dann schließlich zum Sturz des Politikers. Wer nun einen Prozess, der in seiner Bedeutung schon auf eine Stufe mit dem Prozess gegen die Viererbande gestellt wurde, nach dem bekannten Muster chinesischer Politprozesse erwartete, der wurde überrascht. Der Angeklagte tritt nicht reumütig und geständig auf, im Gegenteil: Er betont seine Unschuld und verteidigt sich sogar sehr aggressiv. Dass die Zuverlässigkeit von Zeugen und die Zulässigkeit von Beweismitteln angezweifelt wird, mag noch als alltäglich gelten, aber wie oft erlebt man es, dass ein Mann seine Ehefrau als „verrückt“ bezeichnet, so wie Bo es in der Verhandlung getan hat? Nicht nur die chinesische Öffentlichkeit wird mit Verwunderung von Millionensummen in Bargeld, einer Luxusvilla an der französischen Côte d′Azur und Flugreisen, die nur als Teil dessen gelten, was hier an und mit Bestechungsgeldern gezahlt wurde, Kenntnis genommen haben. Diese Dinge gehören nicht zur Alltagswelt der Normalchinesen, sondern ins ganz große Kino Hollywoods oder eben in die Welt führender chinesischer Funktionäre.

Der dritte Tag zeigte abermals neue Seiten der Vorwürfe. Zum einen ging es um die Zweckentfremdung öffentlicher Gelder. Bo soll die Summe von 5 Millionen RMB (etwa 610.000 Euro), die von der Stadtverwaltung der Stadt Dalian, wo er eine Zeit lang Bürgermeister war, kam, widerrechtlich erhalten haben. Bo gestand ein, dass diese Summe auf dem Konto seiner Frau vorhanden war und dass er sie nicht zurücküberwiesen hätte, er verneinte dabei aber gleichzeitig seine Schuld an der Zahlung. Soweit ist dies die Darstellung der BBC. In den chinesischen Nachrichten liest sich der Ablauf allerdings etwas anders, denn Bo soll demnach zugegeben haben, dass er vor der Zahlung des Geldes über den geplanten Vorgang der Einzahlung bereits informiert war, bevor diese passierte, er habe, da gleichen sie die Nachrichten dann wieder, allerdings nichts getan, um den Eingang des Geldes anschließend rückgängig zu machen.

Nachdem Bo in den letzten Tagen seine Frau als „verrückt“ dargestellt hatte, wies er heute darauf hin, dass sie eine erfolgreiche Anwältin war, die sich derartige Summen Geldes nicht auf illegale Art und Weise aneignen mußte. Das Schulgeld für die Ausbildung seines Sohnes an der privaten englischen Elitschule in Harrow sei vollständig durch ein Stipendium abgedeckt gewesen, gab er an und wollte so deutlich machen, dass er derartige Zahlungen nicht nötig gehabt hätte. Er wandte sich dann gegen Wang Zhenggang, der in der Stadtverwaltung von Dalian als Direktor für die Stadtplanung zuständig war und der die Zahlung an Bos Frau nicht nur veranlasst, sondern ihr dies auch in einem Telefongespräch mitgeteilt haben will, wie er in einer schriftlich vorliegenden Zeugenaussage erklärte. Bo nannte den einen „sehr dummen“ Mann, der ein solches von ihm der Anklage gemäßes illegales Handeln am Telefon erzähle. Die Anklage betonte erneut, dass die Aussagen und der Zeuge absolut glaubhaft und zuverlässig seien.

Das Gericht wandte sich dann dem Vorwurf des Amtsmissbrauches zu, der im Zusammenhang mit dem Mord an Neil Heywood steht. In diesem Fall soll Bo Xilai während seiner Zeit als Parteichef der KP Chinas in Chongqing seine Stellung missbraucht haben, um die Beteiligung seiner Frau an diesem Mord, für den diese inzwischen verurteilt wurde, zu vertuschen. Das Gericht hat dazu Wang Lijun, der zur Zeit Bos der Polizeichef von Chongqing war, als Zeugen geladen. Wang ist im letzen Jahr wegen Rechtsbeugung, Fahnenflucht, Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Bo Xilai erklärte dazu, dass es nicht seine Absicht gewesen sei die Handlungen seiner Frau zu decken, die ihm gegenüber gesagt hätte, man wolle sie fälschlicher Weise des Mordes beschuldigen. Eben diesen Vorwurf des Mordes erhob dann Wang gegenüber Bo Xilai einige Zeit später, sagte er heute aus. Bo sagte er hätte Wang nicht unter Drucken setzen wollte, als er diesen ohrfeigte und als Polizeichef entließ, als dieser die Vorgänge und Vorwürfe bezüglich des Todes von Neil Heywood und die Verwicklungen von Bos Frau in diese Fall mit ihm besprechen wollte. Wang jedenfalls, das ist eine Tatsache, floh einige Tage später in die amerikanische Botschaft in Chengdu und versuchte Asyl in den USA zu erhalten. Auf Fragen des Anklägers zu diesem Anklagepunkt antwortete Bo wiederholt er könne sich nicht genau erinnern und er wolle die Aussagen der Anklage nicht in Zweifel ziehen. Bo gestand ein, dass er sich durchaus schuldig fühle und er in keiner Weise beherrscht gehandelt habe in diesem Punkt der Vorwürfe, aber er nannte die Darstellung der Anklage vollkommen überzogen.

Der Prozess wird auch am Sonntag fortgesetzt.

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